Dienstag, 10. Dezember 2019

Ziemlich geflasht #TristesseRoyale


Neulich wurde irgendwo, ich glaube es war im Feuilleton der ZEIT oder der F.A.Z., die Frage erörtert, ob Literaten heute beim Verfassen ihrer Werke noch den Ewigkeitswert ihrer Bücher im Blick haben. Anlass war die Tatsache, dass das Literaturarchiv in Marburg schon zu Lebzeiten Dokumente, Manuskripte und Krimskrams (darunter diverse Flugtickets und Restaurantbelege) von Christian Kracht erworben hat. 

Christian Kracht, das ist inzwischen völlig unstrittig, gilt inzwischen als einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller überhaupt. Dass aber – vielleicht in seinem Windschatten – auch der Gesprächsband "Tristesse Royale" mittlerweile zum Kanon der jüngeren deutschen Gegenwartsliteratur gehört, wird nicht nur dadurch belegt, dass es inzwischen einen ganzen Stapel von Sekundärliteratur über das Buch gibt, sondern auch dadurch, dass es 20 Jahre nach seinem Erscheinen immer noch für hitzige Diskussionen und Spekulationen sorgt, ja sogar, dass die Empörung, die uns (Bessing, Kracht, Stuckrad & moi) bei seiner Veröffentlichung entgegen schlug, immer noch lebendig ist.

Jüngstes Beispiel: Der Popkultur-Podcast "Das war vor Jahren" hat sich, anlässlich des 20-jährigen Jubiläums, dem Thema "Tristesse Royale" angenommen. Sich anzuhören, wie zwei Popkultur-Nerds zwei Stunden über "Tristesse Royale" sprechen ist nur etwas für absolute Hardcore-Fans, auch weil man wenig über den Inhalt des Buches, dafür umso mehr über die Befindlichkeiten der Nerds erfährt, was wiederum beweist, dass sich der Gesprächsband – und wir, die Protagonisten – hervorragend als Projektionsfläche eignen, was natürlich ein wirklich guter Indikator für den Ewigkeitswert dieses Buches ist, das wir damals tatsächlich "nur für den Moment" rausgehauen haben, fest davon ausgehend, dass sich kein Schwein je dafür interessieren wird. Hier der Link zum Podcast

Die Tweed-Jacke, die ich (rechts auf dem Bild) trage, Mitte der 90-er Jahre des vergangenen Jahrtausends in einem Second-Hand-Shop in London erworben, gehört übrigens immer noch zum festen Bestandteil meiner Garderobe. Auch sie besitzt somit Ewigkeitswert.

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