Samstag, 28. März 2015

Das ganz normale Böse




Wir leben in einer Zeit, in der die Allgegenwärtigkeit des Bösen gerne geleugnet wird. 

Wir alle üben Gewalt aus. Täglich. Im Kleinen. "In Gedanken, Worten und Werken." Wenn wir unsere Macht gegenüber Schwächeren ausspielen. Wenn wir über Kollegen tratschen. Wenn wir wegsehen, wenn in unserem Umfeld Unrecht geschieht. Klingt banal? Ist es nicht. Und wenn, dann allenfalls – um mit Hannah Arendt zu sprechen – so banal wie das Böse selbst. Die allermeisten von uns sind auch anfällig dafür, sich über ethische Normen und Moral hinweg zu setzen, wenn dies denn scheinbar rationellen Zielen dient und "von oben" autorisiert ist. Wer daran zweifelt, sei an das berühmte Milgram-Experiment erinnert, hier dazu ein kleiner YouTube-Link.

Wenn das Böse nicht mehr zu leugnen ist, wie jetzt im Falle #AndreasLubitz #4U9525, wählen wir gerne die bequeme Option, es weg zu schieben. Weit weg. Am besten auf die psychisch Kranken. Die Irren. Hauptsache ganz weit weg. Das wiegt uns im wohligen Gefühl der Unanfälligkeit für Gewalttaten. Dazu habe ich einen Beitrag auf Bild.de verfasst, hier ist er zum Nachlesen
Dazu empfehle ich einen hervorragenden Kommentar des Guardian, eine Warnung, Menschen mit depressiven Störungen zu brandmarken. Jeder Journalist, der Menschen mit Depressionen uninformiert oder gedankenlos als "gefährlich" bezeichnet, macht sich schuldig. Wieder ein paar Menschen mehr, die diese heilbare Krankheit als Makel empfinden und Behandlung scheuen.

Zur Vertiefung des Themas empfehle ich die Schriften und Vorträge des in meinem BILD-Artikel mehrfach zitierten berühmten forensischen Psychiaters Professor Reinhard Haller. Hier ein Interview mit ihm auf Deutschlandradio Kultur und hier ein Dialog mit ihm zum Thema "Das ganz normale Böse":


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