Kleiner Nachtrag zum feierlichen Troonswisseling.
Schon beeindruckend, wie es die Niederländer schaffen, republikanische und monarchistische Traditionen "unter einen Hut" zu bringen. Dazu gehört freilich die eine oder andere Verrenkung.
Was wir heute erlebt haben, war ja ausdrücklich keine Krönung, sondern eine "Huldigungszeremonie".
Die Krone lag die ganze Zeit symbolisch auf dem sogenannten Kredenztisch, ebenso wie Zepter und die anderen Insignien. Das einzig sichtbare Symbol der Königswürde, das Willem-Alexander tragen durfte (und nach dem heutigen Tag auch nie mehr tragen wird) ist der "Königsmantel".
Deshalb legt der naussau-oranische Hof auch sehr viel Wert darauf, zu betonen, dass dies das Original sei, das bereits 1815 von König Willem I. getragen wurde. Hier die vom CNN-Kollegen Max Foster abfotografierte Seite aus dem an Journalisten verteilten "fact sheet":
Nur: Wie die NZZ heute indiskreterweise enthüllt, ist dieser Mantel eben nicht das Original.
Der Königsmantel wurde seit 1815 verändert – und zwar mehrfach. Schon der Mantel, der 1840 beim Thronwechsel zu Willem II. getragen wurde, war nicht mehr "original". Als Königin Wilhelmina 1898 inthronisiert wurde, war er noch einmal stark verändert worden. Danach lag er 50 Jahre lang in einer Kiste, was ihm nicht gut tat. Als der Königsmantel 1948 zur Vorbereitung der Inthronisierung Königin Julianas nach Den Haag gebracht wurde, waren sowohl der Pelz wie auch der Samt weitgehend zerfallen. Ein gewisser Herr Dolder aus Basel, einer der Hofschneider, hat dann einen neuen Mantel geschaffen. Lustigerweise hob er sich aber Teile des Originals auf und fertigte sich daraus eine Weste, mit der durch Basel zu stolzieren pflegte.
32 Jahre später, als Beatrix auf den Thron kommen sollte, war der Königsmantel schon wieder in erbarmungswürdigem Zustand. Jeroen van Rooijen in der NZZ: "Der rote Samt konnte gerettet werden, allerdings musste der Pelz ersetzt werden. Hermelin war aber auf die Schnelle kaum zu beschaffen (...) man schnitt den Hauptteil des verwendeten Pelzes aus einem abgetragenen Mantel aus dem Fundus der Familie Brenninkmeyer (C&A) – der populäre Scherz, dass die niederländische Königin 1980 in Klamotten von C&A den Thron bestieg, lag also auf der Hand."
Als ich den Artikel aus der NZZ (hier ist er in voller Länge) heute twitterte, kam von meinem entfernten Vetter Eduard von Habsburg ein Kommentar via Twitter, der erst dadurch zur Pointe taugt, dass Eduard jenem Hause entstammt, gegen das sich die Nassau-Oranier einst treulos aufgelehnt haben:
Dienstag, 30. April 2013
Montag, 29. April 2013
Troonswisseling oder doch Thronwechsel?
Nur ein, zwei Anmerkungen. Aus deutscher Sicht
ist dieses Oranje-Getue ein wenig albern. Oranien hieß eine kleine Grafschaft in Frankreich, die den
Vorfahren Willem-Alexanders eher zufällig per Erbschaft in den Schoß
gefallen ist.
Der Name der Dynastie ist bekanntlich:
Nassau.
Das „Oranien“ betont man auf Kosten des „Nassau“, um zu vertuschen wie deutsch die Dynastie ist. Das kommt nämlich
in einem Land, in dem man zum Helden wird, wenn man deutsche Nationalspieler
bespuckt (Rijkard, WM 1990) oder sich mit dem deutschen Trikot den Hintern
wischt (Koeman, EM 1988), nicht gut an. Aber man muss bei der Gelegenheit schon daran
erinnern dürfen, dass Willem-Alexander einen deutschen Vater hat, einen
deutschen Großvater, einen deutschen Urgroßvater... (von den Ahnherrn aus
Nordhessen ganz zu schweigen).
In der Wilhelmus-Hymne heißt es ja auch „bin ich von deutschem Blut“.
Und sinngemäß „habe meinem Kaiser immer treu gedient“. Die zweite Phrase ist
eine glatte Lüge (Wilhelm von Oranien war der Anführer im Kampf gegen den
habsburgischen Kaiser), die erste Phrase stimmt auffallend, aber genau die geht
vielen Niederländern nur schwer über die Lippen.
Für all das ist aber Verständnis angebracht, denn in Zeiten von
Globalisierung und EU-Integration gilt es, seine Identität zu behaupten.
Dirk Schümer, ein verehrter Kollege von mir (er schreibt aus Venedig
über alles, was ihn interessiert für die F.A.Z.) hat mir im Blick auf die
nächsten karotingefärbten Tage ein Programm im holländischen TV empfohlen,
dass man angeblich gesehen haben muss,
um die Eigentümlichkeiten unserer Nachbarn zu ergründen: Blauw Bloed, also:
Blaues Blut. Schümer: „Ein Oranje-Jubelprogramm der Extraklasse, da (und
beim stundenlangen Orgel-Chorgesang der Hardcoreprotestanten) merkt man, dass
die Niederlande was ganz eigenes sind.“ Hier kann man das Programm im Web-TV
sehen. Und wer den Thronwechsel begleitet von einem historisch und genealogisch
versierten Kommentar sehen will, dem empfehle ich, während der ARD-Übertragung (ab morgen um 9 Uhr) der Historikerin Netty Leistra auf Twitter zu folgen.
Veel plezier bei den Feierlichkeiten, liebe Royal Watchers. Nun zu dem, was zu dem Thema in der
gedruckten Zeitung erschienen ist. Hier mein Porträt von Máxima und unten mein BILD-Kommentar:
Sonntag, 21. April 2013
Hoeness und der Schlaf der Gerechten
Bevor wir nun zur Treibjagd blasen:
Sollten wir nicht überlegen, ob eine Steuergesetzgebung, die sogar integre Menschen wie Uli Hoeness dazu veranlasst, Geld im Ausland zu bunkern, unserem Land schadet?
Just a thought.
Ich melde mich heute wegen etwas ganz anderem.
Meine liebe Schwester Maya fragte mich, was ich eigentlich bei BILD so treibe. Ich sagte ihr, dass ich hier herrliche Freiheiten habe – quasi über alles schreiben darf.
Als Beispiel nannte ich ihr einen Artikel zum Thema Schlaf neulich, in dem ich mich zum Mittagsschläfchen im Büro bekannt habe.
Hier ist er, zum nachlesen.
Sollten wir nicht überlegen, ob eine Steuergesetzgebung, die sogar integre Menschen wie Uli Hoeness dazu veranlasst, Geld im Ausland zu bunkern, unserem Land schadet?
Just a thought.
Ich melde mich heute wegen etwas ganz anderem.
Meine liebe Schwester Maya fragte mich, was ich eigentlich bei BILD so treibe. Ich sagte ihr, dass ich hier herrliche Freiheiten habe – quasi über alles schreiben darf.
Als Beispiel nannte ich ihr einen Artikel zum Thema Schlaf neulich, in dem ich mich zum Mittagsschläfchen im Büro bekannt habe.
Hier ist er, zum nachlesen.
Dienstag, 16. April 2013
Treue? Klar, machen wir!
Neulich hab ich für BILD einen etwas wohlfeilen Artikel zum Thema Treue verfasst. Das Apropos waren diverse Trennungsfälle im deutschen Showbiz. Leider hab ich versäumt, die Causa Bettina Wulff zu erwähnen (und die augenscheinliche Unverbindlichkeit des In-guten-wie-in-schweren-Tagen-Versprechens). Egal. Erfreulicherweise gab es sehr freundliche Resonanz, darunter Leserbriefe wie der hier unten.
Soll ich auf diesen hier mit einer Mail antworten und ("ich bin zwar verheiratet, aber egal...") Jessica fragen, ob wir uns mal zu einer Tasse Kaffee treffen können?
Just kidding!
Danke, Jessica.
Soll ich auf diesen hier mit einer Mail antworten und ("ich bin zwar verheiratet, aber egal...") Jessica fragen, ob wir uns mal zu einer Tasse Kaffee treffen können?
Just kidding!
Danke, Jessica.
Freitag, 12. April 2013
Wer hat heute the sexiest Feuilleton?
A) Die FAZ mit einem Stück von Jürgen Kaube über eine fragwürdige Statistik der Kinderhilfsorganisation der Vereinten Nationen?
B) Die NZZ, die heute feststellt, wie wichtig Maggie Thatcher war?
C) Die Süddeutsche mit ihrem gelehrten Stück über den gelungenen Umbau des Rijksmuseums in Amsterdam?
D) Die WELT, in der der Soziologe Wolf Lepenies à propos Ham 'n' Cheese Crackers über die amerikanische Gesellschaft philosophiert? You got it! Here it is:
Donnerstag, 11. April 2013
Medienklatsch und Slow Sex
Heute ist in BILD ein kurzer Text von mir erschienen.
Thema: die derzeit steife Brise in Hamburgs Blätterwald.
Es ist nicht so sehr der Beitrag selbst, auf den ich aufmerksam möchte – es liegt mir daran, meine Dankbarkeit dafür zum Ausdruck zu bringen, dass BILD mir die Möglichkeit eröffnet, kleine "Feuilletons" (wörtl. Blättchen) zu verfassen.
Solche journalistischen Formen gehören ja nicht zum Kerngeschäft des Boulevards. Umso mehr macht es Spaß, damit zu experimentieren. Marion Horn, einer der Chefs bei BILD, hat für mich das Kolumnenformat "Smalltalk" erfunden – das gibt mir die Gelegenheit, immer mal wieder ein wenig chit-chat ins Blatt zu schmuggeln, der ohne die für den Boulevard essentiellen Grundingredienzien Sex & Crime auskommt.
Um mich für diese Möglichkeit zu bedanken, revanchiere ich mich (siehe zweites Beispiel unten) dann aber auch gelegentlich mit Textchen, bei denen es dann doch um SEX geht.
Man soll die Hand, die einen füttert schließlich bei Laune halten.
Hier der "Smalltalk" von heute:
Und hier der von neulich:
Mittwoch, 10. April 2013
Presseschau
Das Stück, das ich gern geschrieben hätte, hat Alan Posener heute in der WELT gebracht.
Er erklärt ziemlich genau, warum Maggie Thatcher ideologisch näher an Marx war als an Churchill. Bitte hier lesen!
Warum die Thatcher wiederum – zum Teil auch von recht vernünftigen Leuten – verehrt wurde, erklärt Niall Ferguson in der New York Times unter der passenden Überschrift "Punk Savior".
Und in der g2-Beilage des Guardian steht heute ein sehr amüsanter Text, in dem Philip Hensher spekuliert, wie Großbritannien heute denn aussehen würde, wenn Maggie Thatcher 1979 nicht an die Macht gekommen wäre. Der passende Soundtrack zur Lektüre von Henshers Stück? Natürlich das hier von Klaus Nomi!
Er erklärt ziemlich genau, warum Maggie Thatcher ideologisch näher an Marx war als an Churchill. Bitte hier lesen!
Warum die Thatcher wiederum – zum Teil auch von recht vernünftigen Leuten – verehrt wurde, erklärt Niall Ferguson in der New York Times unter der passenden Überschrift "Punk Savior".
Und in der g2-Beilage des Guardian steht heute ein sehr amüsanter Text, in dem Philip Hensher spekuliert, wie Großbritannien heute denn aussehen würde, wenn Maggie Thatcher 1979 nicht an die Macht gekommen wäre. Der passende Soundtrack zur Lektüre von Henshers Stück? Natürlich das hier von Klaus Nomi!
Dienstag, 9. April 2013
Margaret Thatcher (1925-2013)
Höre seit gestern viel BBC Radio 4.
Faszinierend wie unverhohlen der verstorbenen Premierministerin im "Staatsfunk" hinterher geschimpft, quasi ins Grab gespuckt wird.
Interessant auch, wie die Arbeiter- und die Oberklasse (wie so oft) so vollkommen einig in der Ablehnung von allem war und ist, für das Thatcher stand. Wie eine Halbgöttin verehrt wurde und wird sie hingegen von den Gewinnern des Klassenkampfes:
der Mittelklasse, "den Middletons".
Blättere, um mich an meine sorgsam gepflegten Ressentiments zu erinnern, seit gestern immer wieder in "Dancing with Dogma" - die brillante Abrechnung mit dem Thatcherismus eines ihrer Erzfeinde, des 2004 verstorbenen alt-konservativen Ministers Ian Gilmour. Das Buch hat mir kurz nach Thatchers Sturz Gilmours Sohn Oliver geschenkt.
Faszinierend wie unverhohlen der verstorbenen Premierministerin im "Staatsfunk" hinterher geschimpft, quasi ins Grab gespuckt wird.
Interessant auch, wie die Arbeiter- und die Oberklasse (wie so oft) so vollkommen einig in der Ablehnung von allem war und ist, für das Thatcher stand. Wie eine Halbgöttin verehrt wurde und wird sie hingegen von den Gewinnern des Klassenkampfes:
der Mittelklasse, "den Middletons".
Zu ihrem Sturz (1990) bin ich damals eigens nach London gereist, hatte mich ins Duke's Hotel in Mayfair eingemietet (those were the days!), um die spektakuläre Palastrevolte live am Fernsehen mitzuverfolgen und "Thatcher's Downfall"-Partys zu feiern.
Thatcher selbst (und ihrem missratenen Sohn Mark) bin ich einmal mit meinem Onkel Rudi in Marbella begegnet. Sie war da zwar schon dement, ein Schatten ihrer selbst, aber immer noch "a towering figure", wie man in den "old boy networks" sagen würde, die ihr im gegenseitigen Hass eng verbunden waren.
Blättere, um mich an meine sorgsam gepflegten Ressentiments zu erinnern, seit gestern immer wieder in "Dancing with Dogma" - die brillante Abrechnung mit dem Thatcherismus eines ihrer Erzfeinde, des 2004 verstorbenen alt-konservativen Ministers Ian Gilmour. Das Buch hat mir kurz nach Thatchers Sturz Gilmours Sohn Oliver geschenkt.
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