Mittwoch, 6. Juni 2018

Der Film des Jahres: A Quiet Place

Habe schon lange keinen so einen klugen und philosophisch anspruchsvollen Horror-Film mehr gesehen. Leider kommt der Tipp ein bisschen spät, er läuft nur noch in wenigen Kinos (und für Netflix, jedenfalls für einen kleinen Bildschirm, ist "A Quiet Place" ungeeignet). Immerhin muss man ihn nicht in OV sehen. Es gibt praktisch keine Dialoge. Ein Film, für den das Attribut "still" noch untertrieben ist ...

Der Film ist kurz, eigentlich mehr eine Art Kurzgeschichte, und voller religiöser Bezüge (siehe dazu auch diesen Artikel). Der Regisseur, John Krasinksi, 38 Jahre alt, Vater Pole, Mutter Irin (er Arzt, sie Krankenschwester), stellt fundamentale ethische Fragen. 

Im Grunde ist es eine Meditation darüber, wie man sich als Christ in einer zutiefst feindlichen Umgebung zu verhalten hat, die alte Frage, die Bonhoeffer beschäftigt hat: Gibt es das Gute im Bösen? Krasinski beantwortet sie, ähnlich wie Bonhoeffer und Solschenizyn (in "Archipel Gulag"), mit: Ja!


Can you walk the path of love, even in hell? 

You have that choice - in any given situation! 

Or you can make compromises and give in.






Es gibt übrigens, unbeabsichtigt, eine Art begleitendes Textbuch zu dem Film. Das Buch "Die Benedikt Option" des amerikanischen Bloggers, Redners und Autoren Rod Dreher

Die These: Traditionell christliche Sichtweisen, etwa auf die Ehe und Sexualität, die noch vor ein paar Jahren Allgemeinplätze waren, gelten inzwischen vielerorts bereits als intolerant, als "hate speech". In vielen Berufsfelder, so Dreher, sei es zunehmend mit Repressalien verbunden, offen zu einem klassischen Familienbild zu stehen. Wir leben im Westen in einer post-christlichen Epoche.

Drehers Buch ist eine Plädoyer für einen geordneten Rückzug der Christen aus dem öffentlichen Diskurs. Apologetik hält er für vergebene Liebsmüh, verschwendete Energie. Wir sollten uns, sagt Dreher, zunächst einmal neu auf uns selbst besinnen, er rät zu einer Art privat-monastisches Leben in kleinen Netzwerken, die erst mal unter sich – auf einer Art Arche Noah – Klarschiff machen sollten, also ihre Identität wiederfinden, die durch Jahre der Anpassung und Relevanz-Sucht, abgeschleift ist um dann, wie es die monastischen Bewegungen des frühen Christentums (daher der Titel, daher auch meine Assoziation mit Familie Abbot aus "A Quiet Place") vorgelebt haben, mit neuer Vitalität eines Tages wieder im sprichwörtlichen Sinne Land gewinnen zu können.

Als vor etwa einem Jahr das Buch in Amerika herauskam, sorgte es weit über christliche Milieus hinaus für Diskussionen. Der "New Yorker", kein kirchliches Fachblatt, nannte es das "meistdiskutierte und wichtigste religiöse Buch des Jahrzehnts".


Jetzt liegt das Buch - hervorragend übersetzt (der amerikanische Ton kann ja leicht nerven) - auf Deutsch vor. Verlegt wird es im Fe-Medienverlag, ist aber natürlich auch über Amazon erhältlich. Im Vatican-Magazin ist unlängst ein Auszug erschienen. Hier ist er


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